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Im Zentrum dieses Kurses steht Rudolf Bultmanns theologische Denkweise, insbesondere sein Konzept der „Entmythologisierung“ und seine existentiale Interpretation der Bibel. Ausgangspunkt ist die Frage, wie Glaube und kritisches Denken miteinander verbunden werden können, ohne die biblische Botschaft zu entleeren oder ihre intellektuelle Anschlussfähigkeit zu verlieren. Anhand zentraler Texte Bultmanns – insbesondere seines berühmten Aufsatzes „Neues Testament und Mythologie“ – werden seine theologischen Grundannahmen entfaltet: die Ablehnung eines überholten Weltbildes, die existenzielle Auslegung biblischer Texte, die Rückbindung des Glaubens an das persönliche Selbstverständnis und die Forderung nach einer Verkündigung, die den Menschen im Hier und Jetzt anspricht. Dabei wird deutlich: Für Bultmann ist Theologie nicht Rückzug in religiöse Behauptungen, sondern der Versuch, im Licht moderner Weltdeutung glaubwürdig von Gott zu sprechen. Gleichzeitig setzt sich der Kurs kritisch mit den Grenzen und Spannungen von Bultmanns Ansatz auseinander. In Auseinandersetzung mit theologischen Gegenspielern wie Karl Barth, sowie im Abgleich mit biblischen Grundmotiven wie Gottes geschichtlichem Handeln, dem Offenbarungsverständnis und dem Verhältnis von Mensch und Gott, wird Bultmanns Position auf ihre Tragfähigkeit geprüft. Der Kurs fragt, inwiefern Bultmanns modernes Schriftverständnis wirklich die Bibel ernst nimmt – oder ob es sie letztlich dem Maßstab des Menschen unterwirft. Durch die Reflexion über Mythos, Wahrheit und Glaube sollen die Teilnehmenden zu einer reflektierten theologischen Haltung ermutigt werden, die sich der Spannung zwischen biblischer Treue und intellektueller Redlichkeit bewusst stellt. Ziel ist eine Rede von Gott, die zugleich verständlich, verantwortbar und geistlich tragfähig bleibt.